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Mütter und warum wir aufhören sollten, dass Wort sprachlich so abzuwerten

Vor ein paar Wochen habe ich meinen Mitbewohner schriftlich darin erinnert, seinen Satellitenmessenger mit in ein Klettergebiet zu nehmen, wo die Netzabdeckung sehr schlecht ist. Er antwortete mit “Danke Mommy” inklusive einem Emoji und einem Herz.

Ich muss zugeben: zuerst ist mir die Nachricht negativ aufgestoßen, auch wenn ich wusste, dass sie auf keinsten so intendiert war von ihm. Ich will meine Mitbewohner*innen nicht bemuttern und eigentlich auch keine anderen Personen. Und dann habe ich darüber nachgedacht. Was diese Nachricht mit mir gemacht hat und was ich an meiner Reaktion nicht richtig finde.

Wir kennen doch alle diese Sprüche: “keine Frau will mit ihrer Mutter verglichen werden”, “kein Kind möchte sein wie seine Mutter”. Diese negative Konnotation mit dem bemuttern – sofort kommen einem da die Assoziationen von nerven, überbesorgt und anstrengend sein.

Natürlich stehen dem gegenüber auch die Liebe einer Mutter, die doch so hoch gewertet wird und die Aufopferung. “Wie eine Löwin für ihr Kind”. Doch Anerkennung gibt es dafür nur wenig und schon gar nicht in bezahlter Form (ja, ich rede von unbezahlter Care-Arbeit).

Dennoch müssen wir dringend das gesellschaftliche Bild der Mutter überdenken und mehr dafür sorgen, dass Menschen, die sich als Mutter identifizieren, wertgeschätzt werden. Und dabei rede ich nicht von Blumen, einer Schachtel Pralinen und einem selbstgemalten Bild von den Kindern zum Muttertag. Ich meine “echte” Anerkennung. Im Sinne, dass Haushalts- und Carearbeit als eben solche gesehen wird – Arbeit. Dass ihre Entscheidungen ernst genommen und nicht kritisiert werden. Wer sind wir denn, ungefragt Kommentare zu Aussehen, Erziehung und allgemein dem Leben zu machen?! Dazu hat keine Person das Recht. Dann muss sich schließlich auch keine*r über das Phänomen “regretting motherhood” wundern. Wobei es häufig gar nicht darum geht, die eigenen Kinder nicht zu lieben, sondern mit dem Druck der gesellschaftlichen Rolle als Mutter nicht klarzukommen. Das Thema wird übrigens mit aufgearbeiten in “Hexen – Die unbesiegte Macht der Frauen” von Mona Chollet.

Warum müssen wir dann also auch noch den Begriff an und für sich gesellschaftlich so abwerten? Anstatt wertzuschätzen, dass sich da wer Gedanken gemacht hat. Dass da wer ist, der sich um das Wohlergehen von einem sorgt. Dass sich wer kümmert und einen nicht alleine lässt. Egal in welcher Form. Seien es nun gesprochene Worte oder ein Care-Paket für einen vorhersehbaren schwierigen Tag oder eben das kleine bisschen mehr Haushalt in der WG. Solange mensch sich dabei wohlfühlt und es freiwillig erfolgt, ist das doch etwas wunderbares. Mehr Solidarität und mehr Aufeinander-Schauen braucht es doch gerade in diesen politischen Zeit, wo immer mehr konservative Politiker*innen Macht gewinnen. Lasst uns anfangen, den Begriff mit mehr Anerkennung, Wohlmut und Liebe zu fühlen.

Kleine Anmerkung: ich verstehe, dass nicht alle ein gutes Verhältnis zur (biologischen) Mutter haben und das möchte ich an dieser Stelle auch nicht absprechen. Es geht mir mehr um den Begriff an und für sich und die gesellschaftliche Konnotation. Wie wir ein solidarisches Miteinander nennen ist subjektiv an vielen Stellen.