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Herbstfahrt

Mitte Oktober schickte ich einer Freundin ein Bild mit der Unterschrift “Fahrtenlust”. Es war von einer gemeinsamen Fahrt im Sommer 2013.
Für die, die es noch nicht wissen: ich bin bei den Pfadfindern.
Ihre Antwort war, dass sie gerade mit einem Kumpel eine Fahrt plane und sie ihn fragen könnte, ob ich mitdarf.
Gesagt, getan.
So fuhr ich Anfang November mit einem anderen Pfadfinder in die Nähe von Kassel, wo wir dann auf die anderen trafen und uns auf den Weg zu unserem Schlafplatz für die Nacht machten.
Es war bereits dunkel und es ging teilweise echt steil bergauf.
Da ich derzeit nicht wirklich Sport treibe, hatte ich ein bisschen Angst, zu schwächeln. Ich wollte nicht, dass die anderen immer auf mich warten müssen oder so. Aber irgendwie zeigt sich meine Unsportlichkeit beim wandern nicht so und ich bin recht weit vorne gelaufen.
In dieser Nacht sollte eine Schutzhütte uns Schutz bieten. Nach einem leckeren Abendessen und einer Mini-Singerunde verkrochen wir uns in die Schlafsäcke und schliefen zu den Geräuschen des Waldes ein.
Am nächsten Morgen kamen wir mehr oder weniger gut aus dem Bett, frühstückten und machten dann ein Gruppenfoto (definitiv empfehlenswert, so etwas zu Beginn zu machen).
Anschließend liefen wir dann endlich los. Unser Ziel war die Burg Ludwigstein, die seit 1920 in Besitz von Bündischen ist.
Die meisten aus unserer Gruppe waren noch nie auf der Burg gewesen und ich war gespannt.
Der Kaufunger Wald im Herbst kann herrlich sein. Es war zwar etwas diesig, aber die Ausblicke, die wir teilweise genießen konnten, waren wunderbar.
Wir kamen an Windrädern vorbei, die gerade im Bau und teilweise schon im Betrieb sind. Erstaunlich, wie groß und laut die Dinger sind. Und auch erschreckend, wie sehr der Mensch hier in die Natur eingreift und Lebensraum für Tiere und Pflanzen zerstört.
Gegen Mittag waren wir dann an unserem ersten kleinen Ziel. Einem Turm, auf welchem uns der Wind um die Ohren pfiff. Aber der Blick entschädigte jeden erklommenen Höhenmeter.
Ein paar Meter wieder in den Wald hinein und wir machten Mittagspause.
Bei wärmeren Temperaturen neigt man meiner Meinung nach dazu, diese Pausen etwas auszudehnen. Aber es war eben Anfang Herbst und man kühlt schneller aus, als einem lieb ist. Außerdem hatten wir noch einiges an Kilometern vor uns.
So machten wir uns wieder auf den Weg.
Wir liefen auf Wegen mit umgestürzten Bäumen, badeten in Laubhaufen und hatten Zeit zum Quatschen, Singen und Betrachten des ein oder anderen Sees.
In einem Dorf rasteten wir nochmal kurz, dann ging es wieder bergauf.
Das war der Moment, in welchem ich am meisten an mir gezweifelt habe. Ich war so fertig und mein gesamter Körper schrie nur noch danach, dass er nicht mehr wollte. Willensstärke ist in solchen Momenten gefragt, aber manchmal doch so schwer zu haben. Aber irgendwie bewegte ich mich, setzte einen Fuß vor den anderen.
Wir kamen in einen Wald und es ging weiter hoch. Langsam sank meine Verzweiflung. Wir erhaschten sogar ein bisschen goldene Herbstsonne, die auf die bunten Blätter schien.
Am Ende eines Weges kam ich als Zweite an und ein großer Vogel schwebte durch die Bäume. Wir überlegten noch, was es für einer gewesen sein könnte, da war er schon wieder davon geflogen.
Ein magischer Moment. So kurz, aber doch irgendwie bewegend für mich. Ich weiß noch nicht mal, warum es so magisch für mich war. Aber, der Moment bleibt im Gedächtnis und weckt Glücksgefühle, wenn ich daran denke.
Langsam begann es zu dämmern und spätestens jetzt war klar, dass wir unser Ziel, die Burg Ludwigstein, nicht mehr im Hellen erreichen würden.
Wir trafen noch ein paar Jäger, die uns Reste von ihrem Essen schenkten und stärkten uns kurz.
Anschließend ging es auf matschigen Wegen parallel zu einer Straße durch den Wald. Wir überquerten die Straße und folgten weiter dem richtigen Weg. Schließlich bog der Weg um die Ecke, was wir beinahe nicht bemerkt hätten.
Das Stück Weg aus dem Wald raus war extrem schlammig und rutschig. Aber vom Waldrand aus konnten wir bereits die Burg sehen. Was ein Glücksgefühl!
In die Burg zu kommen, fühlte sich gut an. Weil man wusste, man ist hier willkommen.
Wir stellten unsere Sachen ab, kochten und aßen gemeinsam.
Danach gingen wir in die Sauna und ins Schwimmbad der Burg. Ja, das ist dekadent, luxuriös, etc. Etwas, was man auf Fahrt nicht so oft macht. Es tut aber ziemlich gut, nach dem Wandern und macht extrem Spaß.
Anschließend gab es noch eine kleine Singerunde mit anderen Bündischen, die gerade auf der Burg waren und schließlich krochen wir in unsere Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen teilten wir uns nach dem Frühstück auf, da wir in verschiedene Richtungen mussten.
Mit drei anderen machte ich mich auf den Weg Richtung Süden. Unser Zug in Kassel fiel aus und wir mussten auf den nächsten warten, weswegen wir etwas essen gingen und ein Spiel spielten.
Dann ging es endlich Richtung Heimat (endlich, weil der Zug nicht schon wieder ausfiel).
Ein paar Wochen später erzählte mir die Freundin, dass sie nochmal genauer nachgeschaut hätte und wir am Samstag inklusive Einberechnung der Höhenmeter etwa 32 Kilometer gelaufen wären. Und das mit Gepäck (Kleidung, Ausrüstung, Zelt, Essen).
Es steht also doch nicht so schlecht um meine Fitness.