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Helsinki

Es ist etwa die Mitte der Vorlesungszeit hier in Estland und wir haben daher eine Woche keine Vorlesungen, sondern andere Verpflichtungen für die Uni. Die perfekte Gelegenheit also, seine Sachen zu packen und ein bisschen die Welt zu erkunden. Der Weg führt mich nach Helsinki, die Hauptstadt Finnlands, die etwa doppelt so viele Einwohner in den umliegenden Bezirken hat, wie in der Stadt selbst, weil das einfach unbezahlbar ist. Bereits vor der Reise lese ich den ein oder anderen Artikel über diese Stadt und das Land und die Vorfreude steigt mit jedem gelesenen Wort. Ich bin gespannt, was ich so erleben werde und ob die Natur Finnlands genauso schön ist, wie ich es mir erträume.

Tag 1

Der Wecker klingelt früh, die Fähre legt um sechs Uhr morgens ab und in Tallinn fahren um diese Uhrzeit nur Taxis, wofür ich etwas zu geizig bin. Also heißt es, etwa eine Stunde zum Hafen zu laufen. Dafür kann ich dann fast direkt aufs Schiff, ergattere einen Fensterplatz und verbringe die nächsten zwei Stunden damit, Podcasts zu hören.

In Helsinki angekommen ist es hell geworden und ich mache mich zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt, wo ich mich mit einem Bekannten (Finne, der ein Jahr in unserer Klasse war und passenderweise in Helsinki lebt) treffe. Er führt mich ein bisschen durch die Innenstadt und zeigt mir den Dom und vor allem die Universität. Der Campus erscheint riesig und grenzt direkt an die Geschäfte der Innenstadt. Zentraler geht es kaum noch. Ein großer Teil der Gebäude stammt aus der Zeit, als die Universität nach Helsinki verlegt wurde und ist somit schon etwas älter. Für mich erscheinen es auf den ersten Blick unzählige Gebäude, die umwabert werden von diesem typischen Universitätsflair. Klar, dass ich mir in Gedanken schon wieder ausmale, wie es wohl wäre, hier zu studieren. Bis mir erklärt wird, dass es wohl nicht ganz so einfach ist, an der Universität von Helsinki angenommen zu werden und es nur die Besten schaffen. Hm, dann wohl doch nicht.

Nach einer kurzen Stärkung in einer der Mensen, in denen es eine bunt gemischte Auswahl an Speisen und – typisch finnisch – ein Glas Milch (sogar auch Pflanzenmilch) gibt, trennen sich dann unsere Wege fürs erste und ich mache mich zu Fuß auf den Weg in mein Hostel (ja, ich bin ziemlich geizig, was ÖPNV angeht). Besagter Weg führt mich durch ein Viertel voller Second Hand Läden, Antiquariaten, Künstlerbedarfsläden und natürlich Cafés – das Kallio Viertel. An und für sich sind das nicht unbedingt ungewöhnliche Dinge für Helsinki, aber es wirkt doch etwas mehr links, etwas mehr grün, mehr öko, als im Rest der Stadt. Wenn man esgooglet gilt es als hippes Viertel für Studenten und junge Paare. Der Rucksack ist doch etwas schwer mit der Zeit und so mache ich eine kurze Pause in einem Café, schockiert von dem stolzen Preis von 3,80 € für einen Cappuccino, versuche ich selbigen so gut wie möglich zu genießen. Im Hostel angekommen habe ich sogar ein Bett am Fenster zugewiesen bekommen und bin mit der Auswahl doch recht zufrieden. Danach geht es wieder zurück durch die Stadt, wo ich einfach ein bisschen durch die bummel und mir alles anschaue. Anschließend geht es mit dem Bekannten zur Pfadfindergruppenstunde, denn die Welt ist klein und so hatten wir nicht nur einen Austauschschüler in unserer Klasse, sondern der ist auch noch Pfadfinder und ich lerne, dass finnische Gruppenstunden sich gar nicht so sehr von den Deutschen unterscheiden. Jedoch gibt es in Finnland quasi nur eine Pfadfinderschaft, während es in Deutschland ganz viele unterschiedliche Bünde gibt und wir sind auch nicht so digital unterwegs. Aber das ist ja eher etwas, was man auf gesamt-Deutschland beziehen kann.

Tag 2

An diesem Morgen mache ich mich auf den Weg in Richtung einer der Häfen. Mein Ziel ist die kleine Insel Suomenlinna die mit einer städtischen Fähre zu erreichen ist. Vorher habe ich jedoch noch ein anderes Ziel: bereits am Vortag habe ich hier aus der Ferne Schiffsmasten gesehen die ziemlich sehr nach Traditionsseglern aussahen. Und so ist es auch, etwa zehn der stolzen Schiffe liegen hier am Kai und ich kann mich gar nicht satt sehen. Am liebsten würde ich direkt eines der Schiffe entern und einfach drauf los segeln. Aber vermutlich wäre es dazu auch zu windig gewesen.

Also nehme ich doch die Fähre nach Suomenlinna und erkunde die Insel mit ihrer Festung. Es wirkt alles ein bisschen verschlafen, obwohl ich nicht die einzige Touristin bin. Ich genieße die Seeluft und finde sogar eine Schaukel mit Blick auf das Wasser.

Schaukel mit Ausblick auf Suomenlinna

Zurück auf dem Festland mache ich mich dann auf Nahrungssuche und bummel anschließend nochmal ein bisschen durch einen anderen Teil der Innenstadt, wobei mich mein Weg durch Outdoorläden und Buchhandlungen führt. Insbesondere in einem der Antiquariate bin ich doch sehr fasziniert von der Auswahl der fremdsprachigen Bücher und fühle mich rundum wohl, umgeben von selbigen.

Am Nachmittag treffe ich dann meinen Bekannten wieder und wir fahren in ein Stadion um uns ein Eishockeyspiel anzuschauen. Denn den finnischen Nationalsport sollte man sich nicht entgehen lassen. Zwar ich auch schonmal in Deutschland bei Eishockeyspielen, aber das hier ist nochmal eine ganz andere Liga. Das Spielen der Nationalhymne der beiden Mannschaften zu Beginn des Spiels ist zwar etwas befremdlich, aber danach geht es spannend los. Ich bewundere ja immer noch sehr, wie die Eishockeyspieler so gut Schlittschuh laufen können und vor allem dabei nicht die ganze Zeit auf die Fresse fliegen.

Tag 3

Mein Weg führt mich an diesem Morgen etwas raus aus der Stadt in den Nuuksio Nationalpark, wo ich ein bisschen laufe und die frische Luft genieße. Der Himmel ist strahlend blau und die Sonne lässt alles in goldenen Herbstfarben erstrahlen. Im Gegensatz zu Estland gibt es hier sogar ein paar Hügel/Berge, sodass ich den ein oder anderen Höhenmeter mache. Allerdings sind auf dem Weg häufig genau an den Stellen Treppen aus Holz oder Stahl, der Weg ist also mehr als gut ausgebaut und auch hinreichend beschildert. Mein Ziel, das Haltia Naturzentrum, erreiche ich nach circa 7 km. Ich bin zwar nicht viel gelaufen, habe aber umso mehr die Schönheit der Natur genießen können, zumal das Wetter mitgespielt hat.

Finnischer Herbst im Nationalpark Nuuksio

Nach einem Mittagessen mit Blick über den See schaue ich mir noch das Naturzentrum an. Man bekommt einen Audioguide, es gibt viele Bilder und Videos aus der finnischen Natur, zu denen einem etwas erklärt wird. Es ist wirklich spannend und der Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

Tag 4

Es ist bereits mein letzter Tag. Ich checke aus meinem Hostel aus und mache mich mal wieder zu fuß auf den Weg in die Innenstadt. Dort gehe ich in der Nähe vom Dom zum Kauppatori, einem Marktplatz direkt an dem Hafen, wo auch die Fähre nach Suomenlinna ablegt. Neben einigen Ständen mit dem typischen Tourikram, gibt es auch ein paar Einheimische, die Strickwaren und Wikingerschmuck verkaufen.

Anschließend besichtige ich noch das Stadtmuseum von Helsinki. Der Eintritt ist frei und die Mitarbeiter super freundlich, sodass ich meinen Rucksack an der Info abstellen darf, da er nicht in die Schließfächer passt. Das Museum ist klein, aber fein und man erfährt viel über die Geschicht Helsinkis bis hinein in die Gegenwart. Neben der interaktiven Ausstellung gibt es auch noch die Möglichkeit, sich nur Bilder anzuschauen. Als ich meinen Rucksack wieder abhole werde ich gefragt, wie ich mit dem schweren Teil durch die Gegend laufen könnte (das frage ich mich manchmal auch, wobei mich vielmehr beschäftigt, warum der schon wieder so schwer war) und ob ich durch Europa reisen würde. Smalltalk mit einem Finnen, die eigentlich nicht wirklich bekannt dafür sind.

Nachdem ich mich kurz nochmal mit meinem Bekannten getroffen habe, mache ich mich auf den Weg zur Fähre, um wieder zurück nach Tallinn zu fahren. Helsinki, es war schön und ich komme wieder!