General

Ein “Spaziergang”

Es ist Freitagmorgen und ich bin früher wach, als mir lieb ist. Wie so oft in letzter Zeit. Dafür scheinen die ersten Sonnenstrahlen in mein Zimmer und erhellen draußen die Wolken in rot-, rosa- und orangetönen. Herrlich.
Das Bewusstsein, wie kalt es draußen ist und das die Sonne sich bald hinter Wolken verziehen wird, lassen mich erstmal im Bett liegen bleiben.
Da ist so viel, was ich noch machen muss.
Aber es ist Freitag, mein freier Tag. Samstag und Sonntag sind zwar auch frei, aber irgendwie ist der Freitag etwas besonderes, weil da eben nicht so viele frei haben und man viele Dinge erledigen kann.
Für diesen Freitag hatte ich mir vorgenommen, rauszugehen. So richtig und nicht nur in den Park oder die Stadt. Ich hatte überlegt auf den großen Feldberg im Taunus zu fahren, bin mir dann aber doch etwas unsicher.
Schließlich bemühe ich die Suchmaschine. Hm… Skifahren in der Rhön klingt natürlich auch schön. Aber teuer. (Und später fällt mir dann auch auf, dass mir grundlegende Ausrüstungsgegenstände, wie zum Beispiel Skikleidung, fehlen. Also nur ein kurzer Traum.)
Ich stoße auf eine Seite mit Wandertouren und stelle fest, dass der Feldberg wohl eher mit dem Auto und nicht dem ÖPNV zu erreichen ist. Unpraktisch für mich.
Dafür finde ich eine andere Strecke, die mit der U-Bahn zu erreichen ist und ganz nett klingt.
Also, Wanderschuhe an. Essen, Trinken und die Kamera in einen Rucksack gepackt und schon befinde ich mich in der U-Bahn.
Nach über einer Stunde komme ich dann endlich in Oberursel Hohemark an. Von hier aus startet die Tour und guter Dinge mache ich mich auf den Weg.
Es liegt Schnee, der zwischendurch angetaut war und nun ziemlich fest gefroren ist. Ich überquere einen Bach, in welchem dicke Eisbrocken hängen. Hier wechsel ich von meinen gewöhnlichen dünnen Handschuhen, mit denen man aber immerhin noch ein Handy bedienen kann, zu den Fäustlingen, die zwar deutlich unpraktischer, aber dafür auch wärmer sind.
Als ich den Bach erneut überquere, schaue ich auf mein Handy und sehe, dass ich die vorgegebene Route bereits verlassen habe. Also kurz etwas querfeldein den Hang hoch und schon bin ich wieder planmäßig unterwegs. Dies wird mir noch öfters begegnen. Nur einige hundert Meter laufe ich ein ganzes Stück zurück, weil ich eigentlich woanders hin gemusst hätte. Ab hier bin ich halbwegs bereit, mit dem Handy in der Handy rumzulaufen – das, was ich eigentlich nicht wollte. denn es ist nicht nur lästig, sondern gehört auch für mich nicht an diesen Ort.
Ich laufe die unterschiedlichsten Wege entlang. Auf einer Lichtung liegt zentimeterdick Schnee. Der Wind rauscht durch den Wald und bringt die Bäume zum ächzen. Vögel schreien. Ich rieche den Duft des Nadelwaldes, der sich aber immer wieder mit Laubbäumen abwechselt.
Der Schnee knirscht unter meinen Schuhen und ich höre mich atmen.
Kein Mensch weit und breit. Zu Beginn waren noch ein paar Leute hinter mir, die haben aber eine andere Abzweigung genommen.
Der Feldweg wechselt zu einem Trampelpfad, den aber selbst bei diesem Schnee scheinbar schonmal jemand gegangen ist. Es geht bergauf und an einer Stelle ist eine Art Mini-Gletscher auf dem Weg.
Wenig später soll ich eine Abzweigung nehmen, doch da ist kein weiterer Weg. Vermutlich liegt er unter dem Schnee.
Also bleibe ich auf meinem Weg – querfeldein durch den Wald, bergauf auf so einer großen Strecke im Winter klingt nach keiner guten Idee. Zumal ich nicht weiß, welche Tiere ich vielleicht bei ihrem Winterschlaf stören würde.
Glücklicherweise mache ich so aber nur einen kleinen Umweg und gelange zurück auf meinen eigentlichen Weg.
Es tut gut, zu laufen, in der Natur zu sein. Meine Wanderschuhe endlich mal richtig auszuprobieren. Alleine zu sein und die Zivilisation entfernt zu wissen. Auch wenn ich hier immer noch Flugzeuge höre.
Ich gelange zu einem Punkt, der “Weiße Mauer” heißt und scheinbar eine Steinlandschaft ist. Der Schnee bedeckt alles und man hat Blick auf den Nachbar, den großen Feldberg. (s. Bild)
Weiter geht es, auf einen Trampelpfad, den andere vor mir in den Schnee gestapft haben.
Über einen steilen Trampelpfad erreiche ich dann irgendwann den “Gipfel”, wo zwei, denen ich vorher schonmal begegnet bin, sitzen und den Ausblick genießen. Noch ein weiterer Mann ist da. Er hat Wanderstöcke und Spikes an seinen Schuhen. Gar nicht so die schlechte Idee, werde ich mir später denken.
Ich gönne mir keine Pause, weil ich keine Lust habe und man bei diesen Temperaturen auch sehr schnell auskühlt. Anhalten, um etwas zu trinken oder zu fotografieren ist okay, mehr wird mir zu kalt.
Nun geht es bergab und schnell rutsche ich das erste mal aus. Der Schnee ist oft nur oberflächlich und darunter ist viel Eis. Ich muss vorsichtig sein. Zum einen will ich meine Kamera natürlich nicht kaputt machen und zum anderen ist Hilfe hier sehr weit weg.
Da ich oben angekommen nicht so wirklich auf mein Handy geschaut habe, laufe ich erstmal ein Stück in die falsche Richtung, begebe mich dann aber auf einen Trampelpfad, der in Richtung meines Ziels führt.
Je mehr es bergab geht, desto mehr muss man aufpassen, den die Wege sind vereist und so lauf ich oft am Rand, wo der Schnee zwar gefroren, aber nicht so glatt wie Eis ist. Dafür ist der Schnee relativ tief und auch wenn ich recht hohe Wanderstiefel habe, findet der ein oder andere Brocken seinen Weg an meine warmen Füße. Hätte ich doch mal Stulpen angezogen. Oder Gamaschen – ich besitze zwar keine, aber sie wären bestimmt praktisch.
Schließlich gelange ich zu einem breiten Waldweg, der scheinbar auch von Forstfahrzeugen genutzt wird – und rutsche direkt aus. Der Weg ist eine große Eisfläche und ich wünschte, auch an meinen Schuhen wären Spikes. So versuche ich wieder, möglichst am Rand zu laufen, so langsam ich kann und “kämpfe” mir so meinen Weg den Hügel hinunter.
Schließlich bin ich wieder an der U-Bahnstation.
Alles ist noch heil. Ich bin etwas müde, merke aber auch, wie gut mir das getan hat. Ich habe innerhalb von drei Stunden 13,6 Kilometer bewältigt und bin dabei 520 Meter hoch und auch wieder hinunter gelaufen.
Auf weitere solcher Touren!